Deutsche Gesellschaft für Veterinärdermatologie e.V.

Subkutane Mykose bei einer Hauskatze

Subkutane Mykose bei einer Hauskatze

14.04.2020 

Manuel Salzer – Kleintierpraxis Rossbach Wied

Hauskatze Balu: Erstvorstellung

Im September 2019 wurde der Europäische Kurzhaarkater Balu zur Untersuchung in unserer Kleintierpraxis vorgestellt.

Balu war zum Zeitpunkt der Untersuchung sechs Jahre und sieben Monate alt, 8,4 Kilogramm schwer, männlich-kastriert, hatte regelmäßig Freigang, lebte im nördlichen Rheinland-Pfalz und hatte diese Region niemals verlassen. Der Kater wurde regelmäßig gegen Katzenschnupfen, Katzenseuche und Tollwut geimpft.

Die Besitzerin berichtete von einer nicht heilenden knotigen Hautläsion auf dem Nasenrücken ihres Katers. Die Veränderung bestand bereits seit über einem Jahr und wurde auch im Rahmen der letzten Impfung 2018 vom Kollegen dokumentiert. Laut Tierhalterin wurde die Hautveränderung im darauffolgenden Winter kleiner. Seit einigen Wochen wurde der Knoten wieder größer. Der Kater kratzte immer wieder an der Stelle und es kam intermittierend zu leichten Blutungen. Ansonsten war das Allgemeinbefinden ungestört. Eine Behandlung der Umfangsvermehrung erfolgte bis zu diesem Zeitpunkt nicht.

Die allgemeine klinische Untersuchung zeigte keine auffälligen Befunde. Die Katze wies einen guten Allgemein- und Pflegezustand auf.

Die dermatologische Untersuchung zeigte eine feste Umfangsvermehrung von ungefähr sechs bis acht Millimeter Durchmesser mittig auf dem Nasenrücken. Die Papel stellte sich erhaben, unbehaart, nicht verschieblich, zentral leicht bläulich schimmernd und mit geringgradig blutige Krusten in der Peripherie dar (Abbildung 1).

Hauskatze Balu: Zytologisches Bild 1

Zusammenfassend hatten wir als Problem eine seit einem Jahr bestehende, solitäre, in der Größe variierende Umfangsvermehrung und in den letzten Wochen geringgradigen Juckreiz an dieser Lokalisation.

Differentialdiagnostisch kamen für die Umfangsvermehrung vor allem Fremdkörpergranulom, chronisch bakterieller Abszess, Pilzgranulome (Phäohyphomykose, Hyalohyphomykose, Pseudomyzetom), Granulome durch Parasiten oder Viren, sterile Granulome wie eosinophiles Granulom, Xanthom, Neoplasien wie Mastzellentumor oder Plattenepithelkarzinom in Betracht. Differentialdiagnose für Juckreiz mit saisonaler Ausprägung am Nasenrücken war zusätzlich die Mückenstich-Hypersensitivität.

Als weitere Diagnostik wurde zunächst eine Feinnadelaspiration durchgeführt bzw. wurde zusätzlich nach Punktion weiteres Material durch seitlichen Druck aus der Läsion gequetscht und davon ein Objektträgerabklatschpräparat angefertigt. Die Präparate wurde mit einer Standardfärbung (Haema-Schnellfärbelösung®) gefärbt und in der eigenen Praxis untersucht. In der mikroskopischen Untersuchung zeigten sich Makrophagen (2+), Riesenzellen (3+), degenerierte neutrophile Granulozyten (3+) und Erythrozyten (2+). Auffällig sind die verzweigten und septierten Hyphen / Pilzelemente, die mutmaßlichen Auslöser für die pyogranulomatöse Entzündung (Abbildungen 2 und 3).

Hauskatze Balu: Zytologisches Bild 2

19 Tage nach der dermatologischen Erstuntersuchung wurde eine Blutabnahme durchgeführt. Blutbild und klinische Chemie waren unauffällig. Tests auf Felines Immundefizienz Virus (FIV) sowie das Feline Leukämie Virus (FeLV) verliefen negativ.

Zudem wurde eine Tupfer-Probe des Exsudates gewonnen, um eine Pilzkultur anlegen zu lassen. Vor der Einsendung wurde telefonisch Kontakt mit dem Untersuchungslabor Laboklin®, Bad Kissingen aufgenommen, um die Vorgehensweise abzustimmen. Gewünscht wurde ein Tupfer mit Nährmedium sowie ein weiterer Ausstrich, um damit eine PAS-Färbung durchzuführen. Dem Untersuchungsantrag wurde eine Liste mit infrage kommender Pilzgattungen beigelegt.

Ergebnis von Laboklin®, Bad Kissingen: PAS positiv, kultureller Nachweis von Cladosporium herbarum.

Cladosporium herbarum ist ein weltweit vorkommender Schwärzepilz. Er besiedelt hauptsächlich abgestorbenes Pflanzenmaterial und hat die Fähigkeit Melanin zu bilden.

Die Diagnose lautet Phäohyphomykose (Chromomykose).

Zur Behandlung wurde systemisch Itraconazol (Itrafungol®) eingesetzt, welches zur Therapie der Dermatophytose durch Microsporum canis für die Katze zugelassen ist. Die Dosierung erfolgte entsprechend der Packungsbeilage 5 mg / kg per os in Zyklen von je sieben Tagen, gefolgt von sieben Tagen ohne Behandlung. Bei unzureichendem Ansprechen auf die konservative Therapie sollte eine chirurgische Resektion erfolgen.

Weiterer Verlauf

Hauskatze Balu: Ein Monat nach Therapiebeginn

Bereits am Tag 28 nach Behandlungsbeginn war die Läsion klinisch weitestgehend abgeheilt (Abbildung 4). Der Juckreiz am Nasenrücken war laut Besitzerin verschwunden. Weitere vier Wochen unter Itraconazol war lediglich eine kleine Narbe sichtbar (Abbildung 5). Auf eine chirurgische Exzision wurde verzichtet. Die Gabe des Antimykotikums wurde nach insgesamt zwei Monaten eingestellt. Eine Kontrolle weitere sechs Wochen später zeigte keine Anzeichen eines Rezidivs (Abbildung 6).

Die letzte klinische Kontrolle erfolgte im Januar 2020. Im März 2020 berichtete die Besitzerin in einem Telefonat, dass weiterhin keine Veränderungen sichtbar sind. Die Besitzerin wurde instruiert, sich sofort zu melden, falls erneut Hautveränderungen auftreten. Für Juni 2020 ist eine Routinekontrolle vorgesehen.

Diskussion

Die Phäohyphomykose (Chromomykose) ist eine Infektion durch saprophytäre Pilze, die an Boden- oder Pflanzenpartikeln haftend über traumatische Implantation (pflanzliche Fremdkörper, Biss- oder Kratzwunden) unter die Haut gelangen. Dort lösen sie in der Regel lokalisierte chronische Entzündungsprozesse aus. In seltenen Fällen können bei immunsupprimierten Tieren disseminierte Infektionen auftreten. Die Pilze formen charakteristische pigmentierte Hyphenelemente im Gewebe. Je nach Färbeverfahren ist die hellgelbe bis dunkelbraune Pigmentierung im Präparat nicht immer eindeutig erkennbar. Die Phäohyphomykose gilt bei Hunden und Katzen hierzulande als eher ungewöhnlich. Als Auslöser kommt eine Vielzahl an Pilze in Frage, so zum Beispiel Alternaria, Bipolaria, Curvularia, Exophiala, Monilia, Fonseca, Stemphilium, Phialophora, Phialemonium. Phialophora, Scolebasidium und Pseudomicrodochium.

Hauskatze Balu: zwei Monate nach Therapiebeginn

In den meisten Fällen liegen einzelne Läsionen im Gesicht (Nase, Wange, Pinna), an den distalen Gliedmaßen oder am Körperstamm auf. Die Knoten sind langsam wachsend, fest bis fluktuierend und liegen intradermal oder subkutan. Läsionen auf der Nase können auch Atembeschwerden verursachen. Aufgrund der pigmentierten Pilzelemente können die Knoten blau-grau erscheinen. Daher kommt auch die dem Griechischen entlehnte Bezeichnung der Erkrankung: phaiós bedeutet "dunkel", hyphe "Gewebe" und mýkes "Pilz".

Im vorliegenden Fall hat der Schimmelpilz Cladosporum herbarum die subkutane Mykose verursacht. Vermutlich ist der Erreger durch kontaminiertes Pflanzenmaterial in die Haut gelangt. Trotz der weiten Verbreitung von diesen Organismen in der Umwelt, treten Infektionen in Mitteleuropa bei Mensch und Tier eher selten auf. Häufiger findet man Fälle in tropischen und subtropischen Regionen. Immunsupprimierte Patienten tragen ein deutlich erhöhtes Risiko. Beim betroffenen Kater Balu wurde keine immunsupprimierende Erkrankung festgestellt. Hierfür spricht auch das solitäre Auftreten der Läsion ohne weitere Dissemination über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr.

Die Therapie der Wahl ist die großzügige chirurgische Exzision. Alternativ oder ergänzend Terbinafin, Ketoconazol oder Itraconazol, die alle die Ergosterolsynthese in der Zellmembran der Pilze hemmen. Katzen reagieren besonders empfindlich auf die hepatotoxischen Wirkungen von Ketokonazol. Daher ist Itraconazol das Fungizid der ersten Wahl.

Hauskatze Balu: Sechs Wochen nach Therapieende

Ich entschied mich für einen Versuch mit Itraconazol (Itrafungol-Lösung®) in der Dosierung und Frequenz, wie sie auch zur Therapie der Dermatophytose eingesetzt wird. In der Literatur werden auch höhere Dosen ohne behandlungsfreies Intervall beschrieben. Die Akzeptanz und die Verträglichkeit waren gut. Die Phäohyphomykose hat sehr gut auf die Therapie angesprochen. Es bleibt abzuwarten, ob wirklich keine vermehrungsfähigen Hyphen zurückgeblieben sind. Im Falle eines Rezidivs ist die chirurgische Entfernung und erneute Itrakonazolgabe länger über die klinische Heilung hinaus geplant.

Zur Diagnostik wäre eine Biopsie vielleicht noch besser geeignet gewesen. Man hätte dann die Biopsie steril entnehmen müssen und dann eine Hälfte zur pathohistologischen Untersuchung und die andere zur Kultur eingesendet. Bei dieser kleinen Läsion wären eventuell keine ausreichend großen Teilstücke zustande gekommen. Die Feinnadelaspiration dagegen ist einfach, schnell, kostengünstig und komplikationsarm. In Kombination mit der Pilzkultur ist die Diagnose ausreichend sicher.

Cladosporium kann auch als Kontaminant auftreten. Um dieses Risiko zu minimieren, wurde hier die Punktionsstelle vor der Probenentnahme gründlich desinfiziert. Da sich im vorliegenden Fall die Befunde von Zytologie und Kultur gut vereinbaren lassen, ist Kontamination wenig wahrscheinlich.

Literatur

Scott DW, Miller WH, Griffin CE: Muller & Kirk´s Small Animal Dermatology. Saunders 2013, 253 – 255

Lloret, Albert & Hartmann, Katrin & Pennisi, Maria Grazia & Ferrer, Lluis & Addie, Diane & Belák, Sándor & Boucraut, Corine & Egberink, H.F. & Frymus, Tadeusz & Gruffydd-Jones, Timothy & Hosie, Margaret & Lutz, Hans & Marsilio, Fulvio & Möstl, Karin & Radford, Alan & Thiry, Etienne & Truyen, Uwe & Horzinek, Marian: Rare opportunistic mycoses in cats: Phaeohyphomycosis and hyalohyphomycosis: ABCD guidelines on prevention and management. Journal of feline medicine and surgery 2013, 628 - 630

Seyedmousavi, S., Guillot, J., de Hoog, G. S.: Phaeohyphomycoses, Emerging Opportunistic Diseases in Animals. Clinical Microbiology Reviews V 26 2013, 19 – 35

Richard I. Miller: Nodular granulomatous fungal skin diseases of cats in the United Kingdom: a retrospective review. Veterinary Dermatology V 21 2010 Issue 2, 130 – 135

Bilder

Abb. 1: Hauskatze Balu – Erstvorstellung
Abb. 2: Zytologisches Bild 1
Abb. 3: Zytologisches Bild 2
Abb. 4: Ein Monat nach Therapiebeginn
Abb. 5: Zwei Monate nach Therapiebeginn
Abb. 6: Sechs Wochen nach Therapieende

Spannender Fall – Archiv

Trichophytie beim Hund – Eine diagnostische Herausforderung

In unserem aktuellen "Fall des Monats", wird der Fall des 9-jährigen Jack Russell Terriers "Charly" beschrieben.

Am 26. April 2010, wurde Charly wegen Haut­veränderungen im Gesicht und am Rücken, in der Praxis von Dr. med. vet. Birgitta Nahrgang vorgestellt. Vorausgegangen war eine anti­bi­o­tische Behandlung beim Haustierarzt, welche sowohl per os als auch topisch mit diversen Präparaten erfolgte.

Die klinische Untersuchung verlief unauffällig. Charly zeigte ein ungestörtes Allgemein­be­finden und nur einen geringgradigen Juckreiz.  [...mehr]

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