Laserchirurgische Entfernung eines Ballenkeratoms
Zwergspitz Bounty
12. August 2024 / Miriam Utzmann
Ein zwei Jahre alter, männlicher Zwergspitz wurde zur laserchirurgischen Versorgung einer Umfangsvermehrung palmar an der linken Vorderpfote zu uns überwiesen. Der Hund war bereits drei Monate zuvor konventionell operiert worden, nachdem wenige Wochen vorher eine Umfangvermehrung an der Unterseite der linken Vorderpfote durch vermehrtes Lecken an der Pfote und Humpeln aufgefallen war.
In der histopathologischen Untersuchung wurde ein virales Papillom diagnostiziert. Die Wunde heilte laut des Vorbericht komplikationslos ab, aber zweieinhalb Monate nach der Operation begann der Hund erneut vermehrt an der Pfote zu lecken und zu lahmen. Es hatte sich eine Umfangsvermehrung an derselben Stelle der Pfoten-Unterseite gebildet. Der behandelte Tierarzt vermutete ein Rezidiv des viralen Papilloms und riet daher dazu, die Re-Operation mittels CO2 -Laser durchführen zu lassen, um ein weiteres Rezidiv möglichst zu verhindern.
Bei der Erstvorstellung bei uns war der Hund bei gutem Allgemeinbefinden, die Allgemeinuntersuchung und die dermatologische Untersuchung war unauffällig mit Ausnahme der linken Vorderpfote. Dort befand ist palmar, kranial des Hauptballens und mit diesem verbunden eine ca. haselnussgroße, dunkle Umfangsvermehrung mit hochgradiger Hyperkeratose (Bild 1). Die Umfangsvermehrung wurde knapp zwei Wochen später mittels CO2 -Laser entfernt (Bild 2), das Wundbett wurde zusätzlich laserchirurgisch abladiert. Nach der Operation wurde ein Milliliter Virbagen® Omega (Virbac) intraläsional injiziert. Zur sekundären Wundheilung wurde ein gut gepolsterter Schutzverband mit nicht-adhäsiver Wundauflage angelegt. Zudem wurde zur Analgesie Metacam® (Meloxicam 1,5 mg/ml ad us. vet., orale Suspension für Hunde, 0,1 mg/kg Körpergewicht) für fünf bis sieben Tage verordnet. Die weiteren Verbandwechsel wurden anfangs täglich, dann alle zwei bis drei Tage beim Haustierarzt durchgeführt. Bei der Kontrolle neun Tage nach der Operation sah die Wundheilung optimal aus (Bild 3). Circa drei Wochen nach der Operation war die Wunde komplett verheilt (Bild 4) und die Verbandbehandlung konnte beendet werden. Indes hatte die histopathologische Untersuchung ein Ballenkeratom und keinerlei Hinweise auf ein virales Papillom ergeben.
Bild 6 zeigt die Pfote sechs Wochen nach der OP.
Diskussion
Ballenkeratome (auf englisch pawpad keratoma, corns) sind gutartige, aber sehr schmerzhafte Umfangsvermehrungen im Bereich der Pfoten. Sie stellen sich meist als rundliche, feste bis harte Plaques im Bereich der Zehen-, aber auch Metakarpal- und Metatarsal-Ballen dar, können aber auch, wie in unserem Fall, im Zwischenzehenbereich auftreten. Histopathologisch bestehen sie aus einer gut umschriebenen kuppel-, kegel- oder zylinderförmigen kompakten Hyperkeratose, die über die Hautoberfläche hinausragt. Die darunter liegende Epidermis kann entweder leicht hyperplastisch sein oder im weiteren Verlauf atrophieren und absinken, während sich das Keratin weiter nach proximal ausdehnt und einen separaten Kern bildet.
Es existieren verschiedene Theorien bezüglich der Entstehung: Fremdkörperreaktionen (beispielsweise durch Sandkörner oder Glassplitter), Papillomavirus-Infektionen als Trigger oder Akkumulation von Narbengewebe. Am wahrscheinlichsten ist die Entstehung aufgrund einer dauerhaften Fehlstellung der Pfote, die durch die kontinuierliche mechanische Fehlbelastung (Druck- und Reibung) zu einer überschießenden Hyperkeratose führt (1). Im Fall unseres Zwergspitzes vermuteten wir, dass es nach der ersten Operation zu einer dauerhaften Reibung im Bereich der Narbe gekommen war, welche die überschießende Hyperkeratose begünstigte. Für eine Beteiligung von Papillomaviren an der zweiten Umfangsvermehrung ergab sich histopathologisch kein Hinweis, da keine typischen, viralen zytopathische Effekte in der Epidermis, wie in der ersten Biopsie, vorlagen.
CO2 -Laser bieten mehrere Vorteile gegenüber der konventionellen Exzision mit dem Skalpell: Der CO2 -Laser kann kleine Blut- und Lymphgefäße, sowie Nervenendigungen verschließen und koagulieren. Durch die Hämostase ergibt sich zum einen eine bessere Sicht über das betroffene Gewebe, welches gezielter entfernt werden kann. Zum anderen verhindert die Versiegelung der Gefäße die hämatogen und lymphogene Streuung von Tumorzellen. Zusammen mit der kontaktlosen Anwendung des CO2 -Lasers und der lokalen desinfizierenden Wirkung der Vaporisierung können so saubere Wundränder gewährleistet werden und damit ein geringeres Rezidiv-Risiko erzielt werden (2,3)
Interferone gehören zu den Interleukinen, einer Untergruppe der Zytokine, welche eine wichtige Rolle bei der Kommunikation der angeborene Immunantwort spielen. Omega-Interferone, wie das von uns verwendete Präparat wirken antiviral, immunmodulatorisch, anti-proliferativ und anti-neoplastisch und werden in der Humanmedizin zur Therapie verschiedener Erkrankungen, darunter auch diverser Neoplasien, eingesetzt. In der Veterinärmedizin werden Interferone primär für die Behandlung viraler Infektionen genutzt (4–6). Das in Deutschland verfügbare rekombinante Omega-Interferon feliner Herkunft (Virbagen® Omega, Virbac) ist für die Behandlung der enteralen Form der Parvovirose beim Hund und für die Behandlung von FIV und/oder FeLV bei Katzen zugelassen (7) und wurde in unserem Fall umgewidmet. Es gibt jedoch bereits einige Studien, in denen Interferone erfolgreich bei Hauterkrankungen eingesetzt wurden, dazu gehören beispielsweise virale papilloma-induzierte Plaques bei Hunden, Herpesvirusdermatitis bei einer Katze oder canine atopische Dermatitis (4,5).
In der Literatur sind verschiedene Anwendungswege beschrieben: Die systemische Therapie (subkutan und oral), aber auch intra- und periläsionale Injektionen. Das Ziel der intraläsionalen Therapie ist es, einen hohen Wirkspiegel am Ort der Infektion erzielen und gleichzeitig die hohen Kosten der systemischen Therapie, sowie potentielle systemische Nebenwirkungen zu umgehen (5,8).
Leider gibt bis dato keine breit-angelegten Studien, die die intraläsionale Applikation von Interferon omega nach der chirurgischen Versorgung von Papillomen untersuchen. Wir haben uns nach gründlicher Abwägung trotzdem für die entsprechende ergänzende Behandlung entschieden, da die Kosten und Komplikationsrisiko verhältnismäßig gering sind.
Literatur
- Gross TL, Ihrke PJ, Walder EJ, Affolter VK. Skin diseases of the Dog and the Cat: Clinical and Histopathological Diagnosis. Second Edition. Blackwell Science Ltd; 2005. 562–564 p.
- Paczuska J, Kiełbowicz Z, Nowak M, Antończyk A, Ciaputa R, Nicpoń J. The carbon dioxide laser: an alternative surgery technique for the treatment of common cutaneous tumors in dogs [Internet]. 2014. Available from: www.actavetscand.com
- Carreira LM, Azevedo P. Advantages of the co2 laser use in the rare condition of nasal mucosa squamous cell carcinoma surgery in dogs—a clinical prospective study. Lasers Med Sci. 2024 Dec 1;39(1).
- Mueller RS, Hartmann K. Interferon therapies in small animals. Vol. 271, Veterinary Journal. Bailliere Tindall Ltd; 2021.
- Li S fang, Zhao F rong, Shao J jun, Xie Y li, Chang H yun, Zhang Y guang. Interferon-omega: Current status in clinical applications. Vol. 52, International Immunopharmacology. Elsevier B.V.; 2017. p. 253–60.
- Weir SA, KC K, Shoaib S, Yusuf N. The Immunotherapeutic Role of Type I and III Interferons in Melanoma and Non-Melanoma Skin Cancers. Vol. 13, Life. MDPI; 2023.
- CVMP. ANHANG I ZUSAMMENFASSUNG DER PRODUKTEIGENSCHAFTEN.
- Miller WH, Griffin CE, Campbell KL. Interferon. In: Muller & Kirk’s Small Animal Dermatology. 7th ed. Saunders; 2012. p. 153–4.
Bilder
Abb. 1: Erstvorstellung
Abb. 2: prä-OP
Abb. 3: Neun Tage post-OP
Abb. 4: Drei Wochen post-OP
Abb. 5: Sechs Wochen post-OP