Deutsche Gesellschaft für Veterinärdermatologie

Perianalfisteln bei einem Deutschen Schäferhund

Therapie mit Hindernissen

28. Januar 2025 / Miriam Utzmann

Ein sieben Jahre alter, weiblich intakter Deutscher Schäferhund wurde aufgrund persistierender Läsionen im Perianalbereich, einhergehend mit vermehrtem Lecken und Schmerzen beim Kotabsatz, in der dermatologischen Sprechstunde vorgestellt.

Initial hatte der Verdacht auf rupturierte Analdrüsenabszesse bestanden, aber eine dahingehende Behandlung hatte zu keiner anhaltender Besserung geführt.

Perianalfisteln bei einem Hund

Vorberichtlich litt der Hund an einer bekannten Futtermittelunverträglichkeit. Bis zur Umstellung auf seine aktuelle Diät hatte er chronischen Durchfall und Gewichtsabnahme gezeigt. In der dermatologischen Untersuchung stellten sich multiple kleine Fistelöffnungen um den Anus dar. Die restliche dermatologische Untersuchung war unauffällig. In der Abklatschzytologie des Fistelexsudats zeigte sich eine neutrophile Inflammation mit wenigen Makrophagen, ohne Infektion.

Daraufhin wurde die systemische Therapie mit Methylprednisolon in ausschleichender Dosis über sechs Wochen (initial 0,8 mg/ kg) und Cyclosporin 5 mg/ kg/ Tag als Dauertherapie, sowie die topische Therapie mit Chlorhexidin-haltigen Pads und Tacrolimus-Salbe gestartet. Eine Eliminationsdiät zum Ausschluss einer zu Grunde liegenden Futtermittelallergie wurde parallel begonnen. Vier Wochen später hatten sich 80 Prozent der Fisteln geschlossen, aus der letzten offenen Läsion ließ sich jedoch blutig-eitriges Exsudat entleeren, welches sich zytologisch als neutrophile Entzündung mit intrazellulären Kokken darstellte. Die Therapie wurde daher um Amoxicillin/ Clavulansäure über zwei Wochen erweitert.

Mit dem Ende der Antibiose hatten sich alle Fisteln geschlossen. Bei der rektalen Palpation waren zwei kleine Knoten in dem Bereich tastbar, in dem sich zuletzt noch Fisteln befunden hatten. Die Knoten waren weder dolent, noch ließ sich daraus Flüssigkeit entleeren. Da mittlerweile seit sechs Wochen mit Cyclosporin behandelt wurde, sollte Methylprednisolon, welches zu dem Zeitpunkt noch in einer Dosis von 0,5 mg/ kg zweimal pro Woche verabreicht wurde, in den folgenden zwei Wochen, nach einer weiteren Reduktion auf einmal pro Woche, abgesetzt werden. Unmittelbar nachdem Methylprednisolon komplett abgesetzt war, entstand eine erneute Fistel. Daraufhin wurde Methylprednisolon erneut in ausschleichender Dosierung gestartet, jedoch in einer niedrigeren Anfangsdosis. Parallel wurde die Cyclosporindosis auf 6,4 mg/ kg/ Tag erhöht. Unter dieser Therapie kam er erneut zur kompletten Remission der Fisteln, bei der folgenden Kontrolluntersuchung fünf Wochen später fielen jedoch deutliche Gingivahyperplasien über beiden Canini auf. Die Cyclosporindosis wurde daher auf 3,2 mg/ kg/ Tag halbiert. Alternativ wurde ein Therapieversuch mit Oclacitinib 0,5 mg/ kg/ Tag gestartet und Methylprednisolon wurde abgesetzt.

Unter dieser Therapie blieb der Hund stabil, die Gingivahyperplasie bildete sich jedoch nur geringgradig zurück. Daraufhin wurde Cyclosporin auf jeden zweiten Tag reduziert. Bei der nächsten Kontrolle fünf Wochen später war ein erneutes geringgradiges Rezidiv in Form leicht vergrößerter rektal palpierbarer Knötchen vorhanden. Die Gingivahyperplasie war weiterhin nur geringgradig in Remission. Aufgrund dieser Befunde wurde Oclacitinib auf 1 mg/ kg/ Tag erhöht und die Therapie um Clindamycin für zwei Wochen ergänzt. Darunter konnte eine signifikante Reduktion der Gingivahyperplasie beobachtet werden, sowie eine dauerhafte Stabilisierung der perianalen Läsionen. Im weiteren Verlauf konnte Cyclosporin 3,2 mg/ kg auf jeden zweiten Tag und zwei Monate später auf zweimal pro Woche reduziert werden. Aufgrund der hohen dauerhaften Dosis des Oclacitinib wurden regemäßige Blutbildkontrollen durchgeführt, welche keinerlei Auffälligkeiten zeigten. Die Gingivahyperplasie bildet fast vollständig zurück. Der Rücktest nach der Eliminationsdiät verlief negativ. Aktuell ist der Hund seit mehreren Monaten stabil unter Cyclosporin 1,6 mg/kg zweimal pro Woche, Oclacitinib 1 mg/ kg/ Tag und topischer Behandlung mit Tacrolimus-Salbe zweimal täglich. Im nächsten Schritt ist ein komplettes Absetzen des Cyclosporin geplant.

Perianalfisteln bei einem Hund

Diskussion

Perianalfisteln, auch bekannt als perianale Furunkulose, sind chronische, hochgradig schmerzhafte, spontan auftretende Ulzerationen und Fistelkanäle im Bereich um den Anus. Deutsche Schäferhunde sind genetisch prädisponiert, aber auch andere Rassen können betroffen sein (1) Eine immun-bedingte Pathogenese mit einer T-Lymphozyten-mediierten Entzündung wird vermutet. Die Langzeittherapie der Wahl ist Cyclosporin, gemeinsam mit der topischen Anwendung von Tacrolimus (2). Studien zeigen eine deutliche negative Auswirkung der Erkrankung auf die Lebensqualität der betroffenen Hunde. Häufig führt die inadäquate Therapie zur Euthanasie (2). Aber auch unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen, wie die Gingivahyperplasie in dem beschriebenen Fall und Rezidive nach Therapieanpassungen stellen eine Belastungsprobe für Hund und Besitzer dar.

Die Idee der Umstellung auf Oclacitinib nach dem Auftreten der Gingivahyperplasie entstand durch einen kürzlich veröffentlichten Artikel, in dem zwei betroffene Hunde erfolgreich mit Oclacitinib behandelt werden konnten. Die Erhaltungsdosis der beschriebenen Hunde lag bei 1,4 mg/ kg einmal täglich bzw. 0,59 mg/ kg zweimal täglich (3). Oclacitinib ist für die Behandlung der caninen atopischer Dermatitis und nicht für die Behandlung von Perianalfisteln zugelassen und musste in diesem Fall umgewidmet werden. Doch aufgrund seiner immun-modulatorischen Wirkung auf zahlreiche Zytokine wurden in der Vergangenheit immer mehr potentielle Einsatzgebiete entdeckt (4). Es gilt zu beachten, dass aufgrund der möglichen Auswirkungen auf die Hämatopoese, Hunde, die dauerhaft mit einer erhöhten Dosis behandelt werden, zu regelmäßigen Blutbildkontrollen (alle drei bis sechs Monate) vorgestellt werden sollten. Alternativ wurde die Fluoreszenbiomodulation als weitere Therapieoption mit dem Besitzer diskutiert, doch aufgrund des langen Anfahrtsweges aber nicht durchgeführt. In einer Studie von 2020 konnten bei vier Hunden deutliche Erfolge mit einer wöchentlichen Anwendung von Fluoreszenbiomodulation über wenige Wochen erzielt werden, ohne dass eine zusätzliche medikamentöse Therapie nötig war (2).

Literatur

  1. Cain CL. Canine Perianal Fistulas: Clinical Presentation, Pathogenesis, and Management. Vol. 49, Veterinary Clinics of North America - Small Animal Practice. W.B. Saunders; 2019. p. 53–65.
  2. Marchegiani A, Tambella AM, Fruganti A, Spaterna A, Cerquetella M, Paterson S. Management of canine perianal fistula with fluorescence light energy: preliminary findings. Vet Dermatol. 2020 Dec 1;31(6):460-e122.
  3. Harvey R, Horton H. Successful treatment of perianal fistulas in two dogs with oclacitinib. Vet Dermatol. 2023 Oct 1;34(5):483–6.
  4. Marsella R, Doerr K, Gonzales A, Rosenkrantz W, Schissler J, White A. Oclacitinib 10 years later: lessons learned and directions for the future. J Am Vet Med Assoc. 2023 Jun 1;261:S36–47.

Bilder

Beide Bilder sind von zwei anderen Patienten, da die Fisteln des Schäferhundes auf den Fotos schlecht erkennbar sind.

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